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Open Access kommt voran, doch die Schritte sind gemäßigt
Open Access-Publizierens lebte weiter. Seine Protagonisten erhielten
viel Geld von Philanthropen. Die Idee wurde salonfähig. Spätestens seit
der
Berlin Declaration vom Oktober 2003, in der sich praktisch alle
deutschen Forschungsförderer und die wichtigsten
Wissenschaftsorganisationen prinzipiell für das freie Publizieren von
Originalartikeln ausgesprochen haben, ist Open Access auch in Deutschland
ein Thema. Im Gefolge der Berlin Declaration hat die Deutsche
Forschungsgemeinschaft (DFG)
über tausend Forscher aus allen Wissenschaftsrichtungen befragt. Die
Ergebnisse wurden
jetzt vorgelegt. Die 82seitige
Studie wird ergänzt durch eine Stellungnahme, in der die DFG
Schlussfolgerungen aus den Studienergebnissen zieht und darlegt, wie sie
Open Access-Bemühungen in Zukunft gezielt fördern möchte.
Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich in wenigen Sätzen zusammen fassen:
Dass es die Möglichkeit gibt, „offen“ zu publizieren, ist in
Wissenschaftlerkreisen noch immer relativ unbekannt. Opne
Access-Zeitschriften werden vergleichsweise wenig genutzt. Exemplarisch
seien hier die Ergebnisse bei den befragten Biowissenschaftlern genannt:
Nur knapp jeder fünfzehnte hat schon einmal einen Artikel in einer Open
Access-Zeitschrift publiziert. Mehr als die Hälfte kennt überhaupt keine
Open Access Zeitschriften. Etwas günstiger sieht es bei den so genannten „Postprints“
aus: Immerhin ein Viertel der Befragten hat eigene Artikel nach Erscheinen
in einer wissenschaftlichen Zeitschrift als pdf auf die eigene Homepage
gestellt oder über eine Datenbank verfügbar gemacht.
Die Sorge um die Karriere ist der wichtigste Hemmschuh
Die Gründe für die Skepsis sind nur zum Teil rational: Etwa zwei
Drittel befürchten, dass Open Access-Veröffentlichungen in der
Wissenschaftlergemeinde weniger wahrgenommen und vor allem weniger
gewürdigt werden als Publikationen in renommierten Zeitschriften. Da sich
Open Access-Zeitschriften erst etablieren müssen, ist diese Befürchtung
nicht von der Hand zu weisen. Drei Viertel der Befragten glauben, dass
Open Access-Magazine seltener zitiert werden als Beiträge in vergleichbar
renommierten Zeitschriften. Das ist nachweisbar falsch. Es ist nämlich
umgekehrt, wie unter anderem Untersuchungen von
Thomson Scientific
zeigen. Das zu Thomson gehörende Institute of Scientific Information (ISI)
ist die erste Adresse für die Wissenschaft der Impact-Faktoren und
Citation Indices, die „Journalology“, wie sie im englischen Sprachraum
genannt wird. Eine Mehrheit der Befragten zweifelt auch an den
Qualitätsstandards von Open Access-Publikationen, was eng mit deren als
niedrig angesehenen Renommee zusammen hängen dürfte. Aber: Insgesamt hält
die große Mehrheit der Befragten das Konzept einer „Open Access-Kultur“
für erstrebenswert. Drei Viertel plädieren für nach Disziplinen sortierte
Onlinearchive von Volltextartikeln. Genauso viele sprechen sich dafür aus,
Open Access-Zeitschriften zu fördern, damit sie mit konventionellen
Blättern mithalten können.
Einiges spricht dafür, dass der Open Access-Trend hält
Wer will, kann die DFG-Studie daher sowohl als Rückenwind als auch als
Dämpfer für die Open Access-Bemühungen in Deutschland lesen. Tatsache ist
zumindest, dass junge Wissenschaftler ihre Artikel doppelt so häufig im
Internet zur Verfügung stellen wie ihre älteren Kollegen. Die
Bereitschaft, an einer Open Access-Kultur mitzuwirken, ist also bei jungen
Forschern ausgeprägter. Umgekehrt sind allerdings Open
Access-Zeitschriften bei Jüngeren weniger bekannt als bei Älteren.
Die DFG zieht aus dieser Diskrepanz verschiedene
Schlüsse. So werden die Wissenschaftler in den Bewilligungsschreiben
für Fördergelder künftig explizit dazu ermuntert, ihre Arbeiten auch im
Internet zur Verfügung zu stellen. Formal geht das nur über ein nicht
ausschließliches Verwertungsrecht. Die DFG will prüfen, inwieweit das
realisiert werden kann, ohne dass jungen Wissenschaftlern daraus Nachteile
entstehen. Hoffnung wird außerdem auf das 7. Forschungsrahmenprogramm der
EU gesetzt. Hier soll der Aufbau europaweiter Netze von institutionellen
und fachbezogenen Publikationsservern gefördert werden, die es überall
gibt und die kaum einer kennt.
Es gibt noch einen anderen Faktor, der den Open Access-Bemühungen
mittelfristig mehr Rückenwind bescheren könnte als die gezielte Förderung
durch die DFG. Das ISI hat kürzlich in einer
Untersuchung darauf aufmerksam gemacht. In der ISI-Datenbank
konventioneller Forschungsorgane stehen Verlage aus Westeuropa und
Nordamerika hinter 90 Prozent aller Zeitschriften. Im Open Access-Bereich
dagegen werden mehr als die Hälfte aller Publikationen in Asien,
Osteuropa, Süd- und Mittelamerika verlegt. Hält dieser Trend an, wird sich
das globale Gleichgewicht mit der wachsenden Bedeutung dieser Regionen für
die biomedizinische Forschung zwangsläufig in Richtung Open Access
verlagern |